Mit Wasser arbeiten – nicht dagegen

Theresa Heindl

Planerin Siedlungsentwässerung

11. April 2025

Ich hoffe, dass wir endlich verstanden haben: Wasser ist nicht etwas, das einfach verschwindet. Es bleibt, es kreist, es atmet mit uns. Und wir haben gelernt, ihm Raum zu geben. In grünen Dächern, die das Regenwasser willkommen heissen, als wäre es ein alter Freund. In Fassaden, die blühen, wachsen, leben. Wo Wasser nicht abfliesst, sondern verweilt – in Zisternen unter den Strassen, in Teichen zwischen den Häusern.

Ich mache meine Arbeit in einer Stadt, die dem Wasser zuhört. Die sich nach ihm richtet, statt gegen es zu kämpfen. In den letzten Jahrzehnten haben wir das Gesicht der Stadt verändert. Beton? Fast vergessen. Stattdessen Böden, die atmen können. Strassen, die das Wasser durchlassen. Plätze, die nicht geflutet, sondern bereichert werden. Wo früher Wasser nur schnell weg sollte, wird es jetzt gesammelt, gespeichert, genutzt – ein Kreislauf, der uns stabil hält.

Ich glaube an die Kraft der Anpassung. Daran, dass wir uns dem Klimawandel nicht nur unterworfen, sondern ihn umarmt haben. Mit jeder neuen Anlage, mit jedem neuen Park haben wir die Natur zurückgeholt in unsere Stadt. Regenflüsse, die unter den Gehwegen murmeln. Gräben, die Regenwasser aufnehmen, bevor es Probleme macht. Und doch bleibt alles fliessend, dynamisch, wandelbar.

Ich hoffe, dass das Wissen der Ingenieurinnen, der Planer, der Architektinnen längst in den Alltag übergegangen ist. Dass Kinder in den Schulen lernen, wie der Wasserkreislauf ihre Stadt speist, wie die Bäume atmen, wie der Boden trinkt. Dass Menschen ihre Gärten nicht mehr bloss schmücken, sondern sie als Teil des urbanen Wassersystems sehen. Ein Netz, das uns trägt.

Und ich mache meine Arbeit, weil ich überzeugt bin, dass diese Stadt resilient ist. Regen kommt – aber er ertränkt uns nicht. Trockenheit trifft uns – aber wir haben vorgesorgt. Ich sehe die Zukunft in Wassergärten, in Schatten spendenden Bäumen, in Strassen, die nicht heizen, sondern kühlen. Eine Stadt, die das Wasser umarmt, wie wir es immer hätten tun sollen. Das ist mein Bild von 2050. Eine Stadt, die nicht nur überlebt, sondern erblüht. In jedem Tropfen Wasser. In jedem Hauch Luft. Im Rhythmus der Natur.


zur Person

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